Ungewöhnlicher Zweikampf am Zürichberg

Showdown ums Schulpräsidium zwischen Grünem und Parteilosem

Artikel der NZZ vom 9. Juli 2018 · Autor: len.

 

Denken sie an den Zürichberg, assoziieren nicht nur Stadtzürcher gemeinhin: wohlhabend, FDP-Hochburg. Über zwanzig Jahre lang war auch das Präsidium des entsprechenden Schulkreises fest in den Händen der Freisinnigen. Das ändert sich bald: Nachdem deren Kandidatin Béatrice Di Pizzo bei der Erneuerungswahl im Juni auf dem dritten Platz gelandet war und sich zurückgezogen hat, kommt es am 15. Juli zum Showdown zwischen den beiden verbliebenen Amtsanwärtern, Ralf Margreiter (gp.) und Roger Curchod (parteilos). Dass nur 486 Stimmen den erstplatzierten Margreiter vom zweitplatzierten Curchod trennten, macht die Kampfwahl umso spannender.

 

GLP, SP und AL empfehlen Margreiter zur Wahl, Curchod wird wie bisher von der CVP und neu auch von FDP und SVP unterstützt, die zuvor Di Pizzo portierten. Rein rechnerisch stehen die Chancen demnach gut, dass der Grossteil der 2264 Stimmen, die auf die FDP- Kandidatin entfielen, neu Curchod zufallen und ihn zum Wahlsieger küren. Der Präsident des Elternrats Langmatt ist zudem im Quartier wohnhaft und gut vernetzt. Doch ganz so einfach ist die Ausgangslage nicht, denn der ehemalige Kantonsrat Margreiter ist über die Quartiergrenzen hinaus bekannt, und auch in seinem Unterstützungskomitee finden sich vereinzelt Bürgerliche, die ihn als bewährten Bildungspolitiker für das Amt empfehlen. Ausserdem ist mit einer niedrigen Wahlbeteiligung zu rechnen, da der zweite Wahlgang just zum Auftakt der Sommerferien angesetzt ist.

 

Umso emotionaler wird der Wahlkampf geführt. Während Curchods Lager ihren Kandidaten als unabhängigen Macher und seinen Konkurrenten Margreiter als abgehobenen Karrierepolitiker darstellt, kritisiert die Gegenseite dessen fehlende politische Erfahrung und stellt die Unabhängigkeit des Parteilosen infrage. Dass Curchod zunächst bei der FDP vorstellig geworden war, um seine Chancen für eine Kandidatur unter der Partei auszuloten, und die CVP ihm hernach einen Listenplatz freiräumte, um seine Wahlchancen nicht zu gefährden, führte zu Gerüchten um einen möglichen Parteibeitritt nach seiner allfälligen Wahl.

 

Diese hat Curchod an einer Wahlveranstaltung kürzlich ausgeräumt: «Ich bleibe parteilos», antwortete er auf eine entsprechende Frage aus dem Publikum. Dass er und die drei bisherigen Parteilosen bei der Wahl in die Kreisschulbehörde im Juni die besten Resultate erzielt hätten, spreche für sich. Parteipolitische Unabhängigkeit sei ein Vorteil und erleichtere pragmatische Lösungen frei von jeglicher ideologischen Färbung. Anders sieht dies Margreiter. Parteipolitik habe in diesem Amt nichts zu suchen – unpolitisch sei es deswegen nicht. Es sei wichtig, die politischen Prozesse zu kennen, um Einfluss nehmen zu können.

 

Tatsächlich wäre Curchod bei einer Wahl der einzige parteilose Schulpräsident der Stadt Zürich. Interessant wird daher sein, wie die Wählerschaft sich indirekt zu dieser Frage äussert. Nicht geleitet werden die Wähler offenbar vom Zugehörigkeitsgefühl zu einer Partei und deren Parolen. Hätten sie so votiert wie im März und die Empfehlungen befolgt, wäre Margreiter bereits gewählt, vor Di Pizzo und Curchod. Ins Schulpräsidium werden Köpfe gewählt – inklusive der dort verankerten politischen Einstellung, ob parteilos oder nicht.