Heisser Sesseltanz im Zürcher Nobelquartier

Tagesanzeiger-Artikel vom 31. Mai 2018

 

Im Schulkreis Zürichberg kämpfen am 10. Juni eine Frau und zwei Männer um das Präsidium. Ein zweiter Wahlgang ist absehbar, ein Sitzverlust der FDP möglich.

 

Ev Manz

Die Quartiere am Zürichberg gelten als bürgerlich, sie wählen entsprechend. Auch, wenn es um den Vorsitz in der Schulpflege geht. So war es in den vergangenen Jahren. Severin Pflüger, Präsident der FDP Stadt Zürich, ist zuversichtlich, dass es auch am 10. Juni so ist und FDP-Frau Béatrice Di Pizzo das Erbe von Mirella Forster antreten kann. Diese gibt das Präsidium nach vier Jahren ab, nachdem Sie wegen Ihres Führungsstils im Konflikt um die Tagesschule Bungertwies wiederholt in die Schlagzeilen geraten war. Ihr wurde vor allem mangelnde Kommunikation vorgeworfen.

So klar wie das Pflüger gerne hätte, ist die Ausgangslage für Di Pizzo nicht. Ihre Mitstreiter, Ralf Margreiter (Grüne) und Roger Curchod (parteilos), hatten an den drei Podien im Quartier einen starken Auftritt. Nun werden alle drei als Favoriten für das Amt genannt, das mit einem Jahressalär von knapp 200 000 Franken entlöhnt wird.

 

Béatrice Di Pizzo
Béatrice Di Pizzo, Schulpflegerin in ihrem Wohnkreis Waidberg, hat vor allem am zweiten Podium in der Aula Rämibühl Stimmen verloren. Die Ausführungen der Erziehungswissenschaftlerin mit Erfahrungen als Gymnasial- und Berufsschullehrerin und Prorektorin blieben vielfach etwas theoretisch. "Das Schulpräsidium zu führen, ist eine Managmentaufgabe", sagte sie. Es gelte, die richtigen Schulleiter einzustellen, damit diese gute Lehrpersonen halten und anwerben. Zuweilen agierte sie eher unbedarft. Etwa mit der Aussage, Akademiker seien sich nichts anderes gewohnt, als dass Kinder den akademischen Weg wählten.

 

Ralf Margreiter
Der Bildungspolitiker und langjährige Kantonsrat Ralf Margreiter hingegen hinterliess eher den Eindruck eines beflissenen Buchhalters. Er zeigte freilich sein profundes Wissen über Schulpolitik und brachte wiederholt Erfahrungen aus seiner Tätigkeit an der KV Business School in der Weiterbildung sowie aus dem früheren Engagement als Schulpfleger im Schulkreis Zürichberg ein, wo er einst wohnhaft war. Heute lebt er mit seiner Familie in Altstetten. Margreiter will die Schulen am Zürichberg zu Orten machen, wo Kinder gerne lernen und sich gerne aufhalten. "Als Bildungs- und Politprofi bringe ich alles mit, was es braucht, um gemeinsam mit Schulleitungen, Lehrpersonen, Betreuung und den Eltern ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und unsere Schulen weiterzubringen - im Interesse der Kinder." Die Unterstützung aller linken Parteien und der GLP ist ihm sicher. Seine Ausführungen waren aber sprachlich oft etwas zu korrekt und länglich, sodass es ihnen an Spritzigkeit mangelte.

 

Roger Curchod

Den unbeschwertesten Eindruck machte Roger Curchod aus Witikon, der von der CVP unterstützt wird. Der Ökonom brachte vor allem seine Persönlichkeit ins Spiel. "Ich bin integrativ und führungserfahren. Das Miteinander ist mir wichtig. Ich kann gut zuhören, analytisch denken und handeln." Obwohl sich Curchod erst im März als Kandidat aufstellen liess, macht er den Anschein, schon gut über das Amt Bescheid zu wissen. Ob dem auch so ist und ob der Präsident des Elternrates Langmatt die Eltern so in den Schulalltag einbinden kann, wie ihm das vorschwebt, ist jedoch fraglich.

Di Pizzo wird auf der bürgerlichen Wählerschaft und auf ihren früheren Kontakten aufbauen, als sie noch am Zürichberg lebte. Überraschend viele stramm bürgerliche Wählerinnen und Wähler tendieren aber zu Roger Curchod. Frischer, sachbezogener Wind würde dem Quartier guttun, meinen sie. Curchod wird es auch sein, der Di Pizzo Stimmen abjagen wird. Ebenso wird er Stimmen von jenen linken Wählern erhalten, denen Margreiter zu sehr Technokrat ist. Ein zweiter Wahlgang ist darum wahrscheinlich. Severin Pflüger vertraut der Erfahrung. Er sagt: "So kurz vor den Wahlen erzählen alle vieles."

Unabhängig vom Wahlausgang am Zürichberg wird die Präsidentenkonferenz der sieben Kreise weiterhin weiblich und von der SP dominiert sein.